Verstehen wir die Extreme des Universums?
Astrophysikalische Forschung bedeutet einerseits die Herausforderung, Dinge und Phänomene, die wir im Kosmos beobachten, mit den uns aus dem irdischen Labor bekannten physikalischen Mechanismen zu erklären. Auf der anderen Seite eröffnet die Astrophysik uns die einzigartige Möglichkeit, fundamentale Physik über das hinaus zu untersuchen, was im Labor erforschbar ist. Dabei geht es um große und grundlegende Themen. Auf den größten Skalen stehen Fragen der Kosmologie: Wie kam es zu der Existenz des Universums in seiner jetzigen Form und zu der Natur seiner Inhalte? Die Entdeckung der „Dunklen Energie“ wird durchaus mit Recht als eine der größten bislang ungelösten Fragen der Physik beschrieben. Dazu gehören folgende Fragen, die in der europäischen „Science Vision for Astronomy“ beschrieben werden:
- Wie ist das Universum entstanden?
- Was ist Dunkle Materie und Dunkle Energie?
- Können wir die Wirkung starker Gravitationsfelder beobachten?
- Wie funktionieren Supernovae und Gammastrahlen-Ausbrüche?
- Welche Mechanismen spielen bei der Akkretion auf Schwarze Löcher, bei Jets und Masseausflüssen eine Rolle?
- Was lernen wir von hochenergetischer kosmischer Strahlung und kosmischen Teilchen?
Während zu Beginn der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die wichtigsten kosmologischen Parameter kaum besser als ein Faktor zwei bekannt waren, so spricht man heute von „Präzisionskosmologie“, deren grundlegende Parameter mit Genauigkeiten von wenigen Prozent bestimmt sind. Die beschleunigte Ausdehnung des Universums durch die den Kosmos durchdringende Dunkle Energie wurde mit unterschiedlichen Methoden bestätigt, auch wenn die Natur der Dunklen Energie weiterhin vielleicht sogar das grundlegendste Rätsel der gesamten Physik bleibt. In der Tat kann man behaupten, dass die Astrophysik mit der Entdeckung der Dunklen Materie und der Dunklen Energie die beiden wichtigsten Fragen nach den Grundlagen der modernen Physik in den letzten dreißig Jahren aufgeworfen hat, da beide Befunde über das sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik hinausweisen.